Heute erscheinen zwei neue Beiträge:
Erinnerungen an eine Reise und ein Leben
Dunera Boy Georg Friedrich Wilhelm Chodziesner hinterließ sein Tagebuch über die Reise nach Australien auf der HMT Dunera. dunera.de freut sich, die deutsche Ursprungsfassung im vollen Wortlaut – soweit uns bekannt erstmals – zu veröffentlichen. Eine englische Übersetzung, ebenfalls von Chodziesner erstellt, finden Sie bei den Kollegen von Stories from the Dunera and Queen Mary.
Georgs Erinnerungen sind eine willkommene und sehr persönlich gehaltene Ergänzung zu den summarisch verknappten zusammenfassenden Berichten der Internierten, die in den Hay-Lagern Camp 7 und Camp 8 für britische und australische Behörden entstanden waren. 2020 hatte Georgs Urenkel Joshua das Tagebuch gelesen. Die Ereignisse rund um die Torpedierung des Deportationsschiffes verarbeitete er zu einem vierseitigen Comic, der an Art Spiegelmans „Maus“ erinnert. Wir freuen uns, dass die Familie Chodziesner diese Veröffentlichung gestattet. Dank auch an Elisa Ronzoni vom Jewish Museum of Australia, die den deutschen Originaltext zur Verfügung stellte.
Die Veröffentlichung des Tagebuchs verbinden wir mit einer Biografie über Georg Chodziesner und seine Familie. Er wurde 1900 in Berlin in eine jüdische Familie geboren, hatte eine Ausbildung als Ingenieur und arbeitete in der Elektrotechnik-Firma Lorenz AG, die einige seiner Arbeiten patentieren ließ. Nach Flucht, Internierung, Deportation und Armeedienst in Australien konnte er sich Down Under erfolgreich als Ingenieur und später als Patentanwalt etablieren. Er starb 1981 in Sydney.
Georgs Vater und zwei seiner Onkel waren bekannte Anwälte in Berlin. Seine ältere Schwester Gertrud war eine bekannte Lyrikerin. Das Pseudonym Gertrud Kolmar wählte sie nach dem Ursprung des Familiennamens im polnischen Ort Chodziesen, der 1878 in Kolmar umbenannt wurde. Sie wurde 1943 in Auschwitz ermordet. Auch sein Vater wurde ein Opfer der Nazis, während zwei Schwestern der antisemitischen Verfolgung entkommen konnten.