Die Überlieferungen über die Reise der HMT Dunera bekommen eine neue Dimension durch Das Reisetagebuch von Georg Chodziesner, dessen deutschsprachiges Original wir hier – soweit uns bekannt – erstmals veröffentlichen dürfen. Unter der Überschrift „England-Australien mit H.M.T. Dunera“ beschreibt er „kühl und leidenschaftslos“ das Geschehen während der die 57tägigen Horrorfahrt des Deportations-Schiffes. Aus Sicht von Historikern ist es „wahrscheinlich der wichtigste und umfassendste Bericht[1] Seumas Spark, Intro zur australischen Veröffentlichung des Tagebuchs auf der Plattform Stories from the Dunera and Queen Mary, abgerufen am 28.7.2024.“ aus persönlicher Sicht. Unter dem Eindruck der Lektüre hatte Georgs Urenkel Joshua Chodziesner den dramatischen Moment in einer Graphic Novel festgehalten, als zwei Torpedos der Nazi-Kriegsmarine die Dunera knapp verpassten.
Peter & Paul Dehn im Oktober 2024.
England-Australien mit H.M.T. „Dunera“
10. Juli 1940 bis 6. September 1940.
Einschiffung
Am 10.7.1940 morgens Abmarsch vom Mooragh Internment camp, Ramsey, Isle of Man zur Landungsbruecke. Captain Alexander[2] Vgl. Wikipedia über das Mooragh Internment Camp (engl.), abgerufen am 25.7.2024. wuenscht alles Gute fuer die Zukunft.Vorbeimarsch an ca.800 Internierten, die mit Dampfer „Helia“ ankamen. Bei Abfahrt salutiert Captain Alexander und sein Adjudant Lieutn. Mc Kennam. Die Fahrt geht zunaechst nach Douglas. Dort werden ca. 400 Kameraden aus den Camps „Central Promenade“ und „Onchen“[3] Vgl. u.a. Unterlagen zum Lager Onchan, Imperial War Museum, abgerufen am 5.8.2024 (Schreibfehler im englischen Originaltext: hier wird die Ortsbezeichnung "Onchen" verwendet). eingeschifft, darunter 190 Kameraden, die einige Tage vorher von Ramsey abgefahren waren, nach Canada fahren sollten, aber als ueberzaehlig aus Glasgow wieder zurueckgeschickt wurden. Um 12 Uhr Abfahrt nach Liverpool, waehrend der Fahrt stroemender Regen, Ankunft in Liverpool 7 Uhr abends. Waehrend des ganzen Tages hat es keinerlei Verpflegung gegeben. Am Kai liegt ein grosser Uebersee Dampfer: H. M. T. „DUNERA“. Man kann sehen, wie staendig Menschen ueber den Laufsteg auf dieses Schiff gebracht werden.

Georg Chodziesner. Das Foto entstand zwischen 1930 und 1935.
Quelle: Archiv der Familie Chodziesner.
Zum biografischen Artikel über Georg Chodziener und seine Familie.
Dann beginnt die Ausschiffung vom Dampfer „HELIA“ und die Ueberfuehrung auf die „DUNERA“ Jeder muss einen Koffer, den er in die Hand gedrueckt bekommt, mitnehmen. Die Koffer sind im Freien hochgestapelt und durch den Regen stark durchnaesst. Am Laufsteg zum Kai gibt es den ersten Zwischenfall. Einer, der nicht schnell genug mit dem Koffer ueber den Steg kommt, erhaelt von dem den Transport leitenden Captain einen Fusstritt. Alle muessen mit dem Gepaeck in Viererreihen vor der Treppe, die zum Laufsteg der „DUNERA“ fuehrt, zwischen einem Postenspalier antreten. Dann geht es schnell aufs Schiff. Oben an der Treppe angekommen, sieht man sich in einem Spalier von mit Stahlhelm und aufgepflanztem Bayonett ausgeruesteten Soldaten gegenueber, die einen mit „Hurry up“ Rufen empfangen. Trotzdem bleibt Zeit genug, um die Haufen zerstreuter Gegenstaende und zerbrochener Koffer am Anfang des Laufsteges liegen zu sehen, die von Soldaten unter den Augen der Liverpooler Militaerpolizei durchwuehlt werden Im Eiltempo geht es durch die finster dreinblickenden und schreienden Posten auf das Schiff. Dort wartet eine neue Ueberraschung. Alles Gepaeck, wie Koffer, Taschen, Rucksaecke oder sonstige Utensilien (Geigen, Schreibmaschinen etc.) wird von einer wilden Soldateska entrissen und fliegt in hohem Bogen ohne Ruecksicht auf den Inhalt auf einen grossen Haufen. Auch die umgehaengte Gasmaske wird einem ueber den Kopf gerissen, und wo es nicht schnell genug geht, helfen Fusstritte und Kolbenstoesse nach.
Voellig benommen laeuft jeder durch die weite Postenkette hinunter in die einzelnen Decks. Ein Teil setzt sich auf die an den langen Tischen entlang laufenden Baenke, der Rest, der keinen Platz findet, bleibt stehen, und alles wartet gespannt auf das, was kommen wird. Man braucht nicht lange zu warten, da kommt der Befehl, dass alle Cigaretten, Streichholzer, Feuerzeuge Rasierklingen und Messer auf den Tisch zu legen seien, auch Dokumente etc. verlangt man zu sehen. Dann erscheinen Soldaten mit Eimern und beginnen alles auf dem Tisch liegende einzusammeln. Nicht genug damit, wird noch eine Leibesvisitation vorgenommen, und dabei werden u.a. auch die wichtigsten Dokumente abgenommen und zerrissen. Jeder Widerspruch ist zwecklos. Ploetzlich wird jedoch die ganze Aktion abgebrochen, und die eingesammelten Gegenstaende bleiben zum grossen Teil zurueck. Auf diese Weise gelingt es, einen Teil der Sachen an die Eigentuemer zurueckzugeben. Aus dem Papierhaufen werden muehsuelig in langer Nachtarbeit einzelne Dokumente wieder zusammengesetzt.
Inzwischen kommt die Meldung, dass noch Essen ausgegeben wird. Das Geschirr kommt in vorbereiteten Saecken aus dem Store, und dann wird das Essen aus der Kueche geholt. Trotz des niederschmetternden Empfanges wird ordentlich zugegriffen, denn es ist schon sehr spaet abends, und man hat seit dem fruehen Morgen kaum etwas gegessen. Da keinerlei Einrichtungen zum Schlafen vorhanden sind, begibt sich jeder, so gut er kann auf dem Fussboden, auf Baenken und Tischen zur Ruhe. Gegen 3,30 h. morgens sticht die „DUNERA“ in See.
Hintergrund
Die britische Regierung deportierte im Juni/Juli 1940 mehr als 10.000 Männer nach Übersee. Dafür wurden sowohl Flüchtlinge vor der rassistischen und politischen Verfolgung der Nazis als auch kriegsgefangene Deutsche und Italiener ausgewählt. Die HMT Dunera war das letzte der fünf Schiffe und das einzige mit dem Ziel Australien. Der Truppentransporter war mit 2.500 Gefangenen hoffnungslos überladen. Die meisten Gefangenen waren Juden und Nazigegner. Dazu kamen 200 Italiener und 251 Deutsche (unter diesen viele Nazis), die eine Woche zuvor die Versenkung des Deportationsschiffes Arandora Star mit knapper Not überlebt hatten.
Die Reise begann am 10. Juli 1940 in Liverpool und endete am 6. September 1940 in Sydney.
Ein Teil der Kameraden ist auf die Decks des Hinterschiffs verladen worden. Nach der Abnahme der Sachen, die sie mit sich tragen, werden sie durch eine Tuer in ein Drahtverhau getrieben, dann geht es eine Treppe hinunter, dort muessen sich alle hintereinander aufstellen, und jeder einzelne wird vollkommen untersucht. Der gesamte Tascheninhalt, einscliesslich Taschentuecher wird auf grosse Haufen geworfen, und ein grosser Teil verschwindet in den Taschen der Soldaten. Erst dann geht es in das Wohndeck, wo alle auf den Baenken Platz nehmen muessen. Niemand darf zunaechst aufstehen, und einem wird bedeutet: „You never get to see the other side“, falls er sich nicht anstaendig benimmt. Zu essen gibt es nichts mehr, und alles bereitet sich wie auf dem Vorderschiff zum Schlafen vor.

Von Emil Wittenberg (später Witten) stammen einige Zeichnungen zum Alltag an Bord der Dunera und später in den Camps. Neben ihm waren auf der Dunera viele weitere Künstler untergebracht. Emil Wittenberg, „Conditions on the Troopship“, undatiert. Mit freundlicher Genehmigung von Martin Burman.
Überfüllung und Stacheldraht
Am anderen Morgen nach dem Fruehstueck wird das Schiff, soweit es moeglich ist, besichtigt. Auf dem Vorderschiff sind im ganzen 6 Decks, die mit Internierten ueberfuellt sind. Alle Decks sind nur durch elektrisches Licht, das Tag und Nacht brennt, erhellt, da die Bullaugen waehrend der ganzen Reise fest geschlossen[4] Geschlossen heißt hier nicht nur, dass das Öffnen der Bullaugen unmöglich war, sondern dass sie wegen verschlossener Abdeckungen kein Tageslicht in die Decks ließen. sind. Die Lueftung erfolgt durch grosse Ventilatoren, bezw. die Ladeluken, die meistens geoeffnet sind. Je 2 grosse Decks liegen uebereinander, und 2 kleine nebeneinander.
Die vorgesehene Belegung bezw. die wirkliche Ueberbelegung ist z.B. folgende:
Lower Deck 2 : 228 zu 354
Sergeant Mess A : 94 “ 161
“ : 114 “ 188.
An den Verbindungsgaengen der einzelnen Deckgruppen liegen die Kueche, die Baeckerei, die Toiletten und die Wasch- und Duschraeume mit warmen und kalten Brausen. Die Aufgaenge zum oberen Schiff, sowie die Ladeluken sind mit Stacheldraht abgesperrt, hinter denen Posten aufgestellt sind. Ein weiterer Posten steht an der Treppe, die zum Store und Bunker hinunterfuehrt. Da diese Treppe durch das Sergent Deck B fuehrt, ist dort ebenfalls eine Stacheldrahtabsperrung vorgesehen, hinter der ein Posten steht, der das ganze Deck uebersehen kann. Ferner laeuft dauernd ein Sergeant mit gewehr als Military Police herum, wobei ihm die Handschellen aus der Tasche heraushaengen. Die einzige Moeglichkeit, einen Blick auf die Aussenwelt zu werfen, bieten die Bullaugen der Latrine und der Waschraeume, letztere nur tagsueber geoeffnet. Man kann feststellen, das auch ein weiteres groesseres Schiff und ein Zerstörer[5] Mutmaßlich ist der Zerstörer gemeint, der einen Transport britischer Zivilisten begleitete. Laut verschiedenen Aussagen drehte dieser Konvoi kurz nach dem Torpedoangriff Richtung Kanada ab. die „Dunera“ begleiten.
Die Belegung der Decks besteht aus Internierten der verschiedensten englischen Internierungslaegern, wie Isle of Man, Huyton, Lingfield etc. Alle sind Refugees, der groesste Teil Juden, ferner politische Fluechtlinge, insbesondere solche, die vom Czech Trust Fund[6] Gemeint ist offenbar der 1939 gegründete Czech Refugee Trust Fund (CRTF), der Verfolgte nach Großbritannien holte. betreut werden. Da zunaechst der Eindruck vorherrscht, dass das Militaer nicht weiss, was fuer Internierte sie hier vor sich haben, wird auf jedem Deck ein Deckvater gewaehlt, der den Offizieren gegenueber die Interessen vertreten soll. Diese Deckvaeter werden aber nicht vorgelassen mit dem Bemerken, dass das Schiff erst aus der Gefahrenzone ( 2-4 Tage ) heraus sein muesse, bevor Zeit fuer Besprechungen sei.
Auf dem Hinterschiff ist die Situation noch komplizierter, denn dort sind neben den Refugees auch internierte Italiener und deutsche, meist nationalsozialistische, Seeleute untergebracht. Diese Internierten sollten bereit vorher nach uebersee gebracht werden, jedoch wurde ihr Schiff „Arandorra Star“[7] Das Tagebuch hat hier einen Schreibfehler im Schiffsnamen; korrekt: „Arandora Star“. am 2. Tag seiner Reise torpediert und nur ein kleiner Teil gerettet und trotz ausdruecklicher gegenteiliger Zusage ein zweites Mal verschifft. Die Stimmung kann man sich leicht vorstellen, und die Berichte ueber ihre erste Fahrt tragen nicht gerade zur Beruhigung bei.

„Die einzige Möglichkeit, einen Blick auf die Außenwelt zu erhaschen, ist durch die Bullaugen der Toiletten und der Waschräume […]“. Zeichnung von Emil Wittenberg, 17.7.1940. Mit freundlicher Genehmigung von Martin Burman.
Einiges ueber das Reiseziel: Vor der Abfahrt aus Ramsey waren bereit[s] 2 Transporter abgegangen, und zwar, wie spaeter bestaetigt wurde, nach Canada.[8] Die „Dunera“ trat ihre Reise als letztes der fünf Deportations-Schiffe an. Von den vier vorherigen Transporten nach Kanada wurde die Arandora Star (2. Transport) versenkt. Alle fünf Transporte waren erheblich überbelegt. unterwegs, wie nachträglich bestätigt wurde. Am Tage unserer Abfahrt verdichtete sich das Geruecht, dass der Transport nach Australien gehen wuerde. Den Internierten in Douglas war ausdruecklich als Reiseziel Canada angegeben worden, wobei sogar versprochen wurde, dass die internierten Frauen nachkommen, bezw, im gleichen Convoy mitfahren sollten. Den Leuten aus Lingfield war von Uebersee ueberhaupt nichts gesagt worden, sondern nur, dass sie in das endgueltige Lager kaemen. Auf der „Dunera” weiss also niemand, wohin es geht, und zunaechst herrscht die Ansicht vor, dass Canada das Reiseziel sei.sondern nur, dass sie in das endgueltige Lager kaemen. Auf der „Dunera” weiss also niemand, wohin es geht, und zunaechst herrscht die Ansicht vor, dass Canada das Reiseziel sei.
Der Alltag auf den Decks

Emil Wittenbergs Zeichnung zeigt die Situation in den Quartieren. Mit freundlicher Genehmigung von Martin Burman.
Nun heisst es, sich auf dem Deck haeuslich einzurichten. Haengematten werden unten im Store ausgegeben, und alles stellt sich zum Empfang an. Nachdem die ersten wieder oben sind, berichten die Naechsten, dass sie unten wieder durchsucht worden sind, wober Fuellfederhalter etc. abgenommen wurden. Schnell wird der Tascheninhalt auf dem Deck versteckt und erst dann werden Haengematte und Decken geholt. Es zeigt sich, dass der Platz zum Aufhaengen der Matten auf den Decks nicht ausreicht und viele weiterhin auf der Erde und den Tischen schlafen muessen. Jeder Tisch waehlt einen Tischvater, der die Verteilung des Essens etc. uebernimmt, und je 2 Tischmitglieder haben taeglich Dienst zum Essenholen, Geschirrabwaschen und Tischreinigen. Soweit ist alles eingeteilt und jeder wartet darauf, dass nun wenigstens das Handgepaeck mit den notwendigsten Toilettenartikeln, das am Vorabend abgenommen wurde, wieder ausgehaendigt wird. Nichts dergleichen erfolgt. Das Gepaeck liegt weiter regendurchweicht an Deck; aber mehr noch: Aus einer der Luken an der Latrine kann man sehen wie die Inder, die zur Schiffsbesatzung gehoeren, anfangen das Gepaeck zu bestehlen. Es gelingt, die Offiziere darauf aufmerksam zu machen, diesen Uebelstand zu unterbinden.
Die Fahrt in der Gefahrenzone nimmt einen grossen Raum in der Unterhaltung ein. Man stellt fest, dass auf den Decks des Vorderschiffes keinerlei Rettungsguertel vorhanden sind. Die Folgen kann sich jeder ausmahlen, besonders wenn man die die Decks abschliessenden Eisentueren und die Einstellung der Wachtruppe beruecksichtigt. Die Stimmung ist allgemein sehr gedrueckt. Man sitzt tatenlos herum oder unterhaelt sich mit Bekannten, die an verschiedensten Orten interniert, hier wieder zusammentreffen. Das Essen ist relativ gut, besonders im Vergleich zu dem sehr knappen Essen in den Internierungslaegern. Messer und Gabel gibt es nicht, jedoch erhaelt jeder einen Loeffel. Da das Brot ungeschnitten ausgegeben wird, kann es nur mit einem heimlich zurueckgehaltenem Taschenmesser geschnitten werden, doch darf das kein Posten sehen, das sonst das Messer unweigerlich abgenommen wird. Es gibt Steingutteller, Steinguttoepfe und Metallschuesseln. Zum Abtrocknen wird für jeden Tisch ein Handtuch zur Verfuegung gestellt. Auch Eimer und Besen zum Reinigen der Fussboeden sind vorhanden.
Im Laufe des Tages erscheint ein Soldat – man glaubt zunaechst der Uniform nach einen Private des AMPC[9] Auxiliary Military Pioneer Corps der britischen Armee. vor sich zu haben, wie sich spaeter herausstellt ist es ein Beamter des Secret Service mit Namen Jonny Madison – und erklaert, dass er beauftragt sei, sich um unser Wohlergehen zu kuemmern. Solange wir in der Gefahrenzone seien, koennten wir allerdings nicht an Deck.
So vergeht der erste Tag. Der Abend bezw. die Nacht bringen neue Ueberraschungen. Kameraden, die nachts zur Toilette gehen, werden von den Wachtposten die Taschen ausgeleert und wenn sich nichts findet, wird auch Kragen, Schlips und der vom Schiff gelieferte Loeffel migenommen. Die Soldaten sind meistens von AMPC, aeltere und juengere Leute mit Taetowierungen auf Armen und Beinen. Weiter sind noch Soldaten folgender Regimenter auf dem Schiff: Royal Norfolk, Suffolk, Gloster und Royal Artillery. Auch einige der Offiziere haben Taetowierungen. Es soll sich um Soldaten handeln, die gerade von Duenkirchen zurueckgekommen sind, der allgemeine Eindruck ist jedenfalls nicht der Beste.
In der Nacht frischt der Wind auf, und die ersten Anzeichen der Seekrankheit machen sich bemerkbar, besonders bei unserer seelischen Verfassung. Am anderen Morgen bieten saemtliche Raeumlichkeiten einen trostlosen Anblick, Ueberall liegen Seekranke, nicht nur in den Decks, sondern auch auf den Gaengen. Alle Waschbecken und Fussboeden sind beschmutzt. Nur wenige sind von der Seekrankheit verschont. Viele Leichterkrankte sitzen auf den Baenken herum, und das Fruehstueck mundet nur den Wenigsten.
Die Dunera wird torpediert
Gegen 9 Uhr morgens verspuert man ploetzlich einen kraeftigen Stoss gegen das Schiff. Im Augenblick sind alle munter, da jeder vermutet, dass das Schiff getroffen ist. Trotzdem wird Ruhe bewahrt, und als man merkt, dass die Schiffsschrauben weiterlaufen, beruhigt man sich wieder. Auf dem Hinterdeck allerdings sieht es anders aus: Nachdem am Tage vorher schon die Schiffbruechigen der „Arandorra Star“ ueber ihre Torpedierung am 2. Reisetag morgens mit allen ihren schrecklichen Einzelheiten berichtet hatten, wurden am Donnerstag nachmittag nach Empfang der Haengematten auf Grund von Unterhaltungen mit den Fuehrern der Seeleute Instuktionen fuer den Ernstfall ausgegeben, um eine eventuelle Panik zu vermeiden. Am Freitag frueh erfolgt,wie oben erwaehnt, ein ausserordentlich heftiger Schlag gegen die Schiffswand, und jeder vergisst seine Seekrankheit, ergreift einen von den auf den Hinterdecks vorhandenen Rettungsguertel und stuerzt auf die einzige Treppe zu, die zum Oberdeck fuehrt, und 800 Menschen ins Freie fuehren soll. Die Treppe ist im Augenblick voellig verstopft, als ein zweiter, noch kraeftigerer Schlag gegen das Schiff spuerbar wird. Alles glaubt, das Ende des Schiffes sei da. Es ist nicht mehr moeglich, auch nur einen Schritt vorwaerts zu kommen.
Auf dem Italiener Deck fallen alle in Verzweiflung auf die Kniee und beginnen zu beten. Nach etwa 5 langen Minuten kommt von oben der Ruf: „Alles in Ordnung“, und man hoert wieder die Maschinen laufen. Es dauert jedoch eine geraume Zeit, bis einigermassen Beruhigung eintritt. Spaeter erfahren wir, das ein Torpedo den Schiffskiel gestreift hat. Unmittelbar darauf wird uns migeteilt, dass anschliessend ein „Uebungsschiessen“ stattfinden wird. Durch die Luken kann man den Zerstoerer kreuz und quer fahren sehen.
Auch dieser Tag bringt einen neuen, schweren Schlag. Soldaten unter Aufsicht der Offiziere und Sergeanten schneiden und brechen mit ihren Seitengewehren die an Deck liegenden Koffer auf, und verstreuen den Inhalt auf Deck, soweit er nicht in ihren Taschen verschwindet. Irgendwelcher Einspruch dagegen ist unmoeglich. Als Begruendung wird zunaechst angegeben, dass sich Kameraden um Aushaendigung von Waesche aus ihrem Gepaeck an die Offiziere gewandt haetten, und zur Vereinfachung der oben geschilderte Weg beschritten wurde. Am Nachmittag werden dann von einigen Soldaten unter Aufsicht eines Offiziers Saecke mit aus den Koffern entnommener Waesche zwecks Verteilung in die einzelnen Decks gebracht. Nach Besprechung der Deckvaeter wird die Verteilung auf allen Decks abgelehnt, damit eventuell spaeter eine Rueckgabe der Waesche an die Eigentuemer erfolgen kann.
Am 3. Tag der Fahrt, Sonnabend, den 13. Juli 1940 ist zum ersten Mal Deckspaziergang. Man gelangt durch die Stacheldraht Tuer an Deck, wo in dichten Abstaenden Posten mit aufgepflanztem Bayonett Spalier bilden. Das Schiff hat offensichtlich den Convoy verlassen, da kein weiteres Schiff weit und breit zu sehen ist . Der Anblick unseres Gepaecks ist deprimierend. Ueberall liegen geoeffnete und zerstoerte Koffer herum, deren Inhalt auf dem Deck zerstreut ist. Toilettartikel, Schuhe, Garderobe etc. liegen wild durcheinander, und dazwischen wuehlen Soldaten, die sich dies und das in die Taschen stecken. Wir muessen hintereinander ueber das untere und obere Deck gehen, Stehenbleiben ist verboten. Auf dem hinteren Teil des unteren Decks ist ein Teil des Stacheldrahts eingezaunt und dahinter werden zum ersten Mal wieder die Kameraden des Hinterschiffs sichtbar, zu denen sonst keinerlei Verbindung besteht, Nach ca. 15 Minuten ist der Spaziergang beendet, und alles muss wieder hinunter in die Wohndecks. Um sich die Zeit zu vertreiben wird eifrig Karten gespielt. Es bilden sich Bridge Gruppen, Skatpartieen etc., und Patiencelegen ist die grosse Mode. Das bleibt so waehrend der ganzen Reise.
Der Schiffskurs geht, soweit sich z. B. aus der Verstellung der Uhr feststellen laesst, im wesentlichen suedwestlich, und laesst keine Schluesse auf das Reiseziel zu. Es gibt taeglich 4 Mahlzeiten: Um 7 Uhr morgens Fruehstueck, um ½1 Uhr Mittagessen, um 4 Uhr Tee mit Brot und Aufstrich und um 7 Uhr abends Abendbrot.
Am Sonntag vormittag ist wieder Deckspaziergang. Waehrend dieses Spaziergangs erscheinen 3 Soldaten unter Anfuehrung eines Sergeants, der, weil er immer mit dem Gewehr in der Hand herumlief, der Loewenjaeger genannt wird, auf einem der Decks unter Mitfuehrung eines grossen Sackes. Der Zweck kann nicht zweifelhaft sein. Als sie feststellen, dass ein Teil der Kameraden nicht an Deck gegangen ist, erklaeren sie, dass am naechsten Tage jeder an Deck zu gehen haette und verlassen den Raum mit der Bemerkung: „We cannot do it today“. Inzwischen geht der Deckspaziergang zu Ende und beim Hinuntergehen wird jeder einzelne wieder einer Leibesvisitation unterzogen, bei der auch Brillen mit abgenommen werden. Wir sind immer noch ohne jede Toilettartikel und Handtuecher. Nach dem Spaziergang werden einige Kameraden zu Aufraeumungsarbeiten an Deck geholt. Die Koffer werden zusammengeraeumt und mit einer Zeltbahn zugedeckt. Die herumliegenden Sachen werden wahllos in Koffer oder grosse Saecke hineingepackt Lebensmittel etc. fliegen dabei ueber Bord oder werden von den Soldaten eingesteckt, ohne dass dagegen etwas unternommen werden kann. Alles erfolgt unter Aufsicht der Offiziere. Auch in der Kueche, der Baeckerei und beim Store arbeiten Internierte. Auch der allgemeine Reinigungsdienst wird von Internierten durchgefuehrt. Die Temperatur steigt langsam an. Am naechsten tag werden die ersten Koffer in den Weinkeller hinuntergebracht. Gleichzeitig werden an Deck Rucksaekke, Koffer und Aktentaschen weiter aufgebrochen, wobei der Inhalt wieder durcheinanderfliegt. Ein Teil der Papiere wird von den Offizieren in Verwahrung genommen. Alle Koffer, auf denen der Titel „Dr.“ zu lesen ist, werden abgesondert und ins Hospital, das im Mittelschiff liegt, gebracht und dort geoeffnet, z. T. in Gegenwart der Eigentuemer. Der Grund liegt darin, dass das Schiff voellig unzureichend mit Medikamenten versehen ist, und man daher die in den Koffern der Aerzte etwa vorhandenen Medikamente mit verwenden will. Das Hospital untersteht einem englischen Militaerarzt, dem ein Sergeant zugeordnet ist. Als Helfer fungieren Aerzte etc. aus dem Kreis der Internierten, Ein Beispiel fuer die aerztliche Versorgung: Einer der Internierten geht ins Hospital und erhaelt dort fuer seinen Hautausschlag eine kleine Blechschachtel mit einer weisslichen Paste. Wieder auf seinem Deck angekommen, stellen seine Kameraden fest, dass es sich um eine Schachtel von im Kitchener Camp hergestelltem Rasiercreme handelt, die aus einem der Koffer entwendet wurde.
In den naechsten Tagen wird das Oberdeck unter Mitwirkung der Internierten aufgeraeumt. Koffer und Saecke werden in den Weinkeller gebracht. Inzwischen werden beim Deckspaziergang in den Raeumen der Soldaten unsere Handtuecher, Gummicapes etc. gesehen. Auch einige Tropenhelme werden sichtbar, das Reiseziel ist jedoch noch immer nicht bekannt. Inzwischen ist es den Deckvaetern gelungen mit dem Verbindungsoffizier Lieutenant Malony in Verbindung zu kommen. Er verspricht die Durchsuchungsaktionen einzustellen. Bezueglich der Herausgabe der notwendigsten Toilettartikel etc. ist nichts zu ereichen. Am 7. Reisetag werden die Deckvaeter am Vormittag wieder zum Verbindungsoffizier gerufen. Bei ihrer Rueckkehr geben sie nur an, dass nach dem Mittagessen eine Verlautbarung erfolgen soll. Jeder ist sich klar darueber, dass es sich um die Bekanntgabe des Reisezieles handelt. Mit ungeheuerer Spannung wird diese Nachricht erwartet. An diesem Tage ist es bereits sehr warm. Die Soldaten erscheinen erstmalig in Tropenuniform. Die Bekanntgabe erfolgt zu gleicher Zeit auf allen Decks: Das Reiseziel ist Australien. Damit erklaert sich auch die erhoehte Temperatur, das Schiff befindet sich bereits auf der Hoehe von Teneriffa. Die Fahrt durch die Tropen macht den Aerzten unter den Internierten besondere Sorgen. Es sind keine Moeglichkeiten zu Schutzimpfungen vorhanden. Auch der Mangel an Seife, Handtuechern etc. wirkt um so schwerwiegender. Die Erregung auf den einzelnen Decks ist kaum vorstellbar. Viele hatten unter der Zusicherung nach Canada gebracht zu werden, sich freiwillig dem Transport angeschlossen. Bei anderen waren Soehne oder Vaeter bereits mit einem frueheren Transport nach Canada abgefahren. Der Gedanke noch viele Wochen unter den oben geschilderten Verhaeltnissen auf diesem schiff zuzubringen, war furchtbar. Es bilden sich Gruppen derer, die Ihre Frauen noch in England haben, denen versprochen wurde, dass sie nach Canada fahren wuerden etc.. Listen werden angelegt, man kommt sogar auf den Gedanken, den Commander zu bitten, die sogenannten „Canadafahrer“ im naechsten Hafen auszuladen, aber jeder Einsichtige ist sich klar darueber, dass solche Schritte voellig wertlos sind, und man das schwere Schicksal tragen muss. Am naechsten tag eine neue Ueberraschung: Das Trinkwasser wird abgestellt und nur noch in beschraenkten Masse ausgegeben. Zum Waschen steht nur noch Salzwasser zur Verfuegung. Dabei ist die Hitze so gross, dass jeder nur noch mit einer Hose bekleidet barfuss herumlaeuft. Das Versprechen des Verbindungsoffiziers uns Seife und Handtuecher zu beschaffen wird nicht gehalten.
Als Handtuch muss weiter das Taschentuch dienen. Seife ist bei Seewasser sowieso nicht verwendbar. Das fehlen der Rasierapparate ist deutlich an dem verwilderten Aussehen der Internierten festzustellen. Das taegliche Exercise ist auch keine Freude.
Schikanen an Bord
Waehrend des Herumgehens an Deck wird dauernd angetrieben und wer nicht schnell genug laeuft, erhaelt einen Stoss mit dem Gewehrkolben. Der Ruf „Hurry up“ ertoent staendig. Erst spaeter gelingt es zu erreichen, dass die ueber 40jaehrigen langsamer gehen duerfen. Die anderen muessen dafuer um so mehr laufen. Nur Kranke, die vom Medical Officer durch ein rotes Baendchen gekennzeichnet sind, duerfen sich waehrend der Dauer des Spazierganges an Deck nieder setzen. Alles spielt sich unter Aufsicht und Mitwirkung der Offiziere ab. Waehrend der Major Mathersole staendig herumlaeuft, ist von dem Commander, Lt. Colonel W. P. Scott nichts zu sehen. Er hat sich waehrend der ganzen Reise niemals sehen oder von den Deckvaetern sprechen lassen. Alles muss ueber den Verbindungsoffizier gehen. Dieser wird ploetzlich ausgewechselt und fuer die weitere Reise wird Lt. O’Neill zum Verbindungsoffizier ernannt. Die Folgen zeigen sich bald. Die Deckvaeter werden zu ihm gerufen, und es wird ihnen mitgeteilt, dass nach dem letzten Spaziergang ein an einen Loeffel angebundener Zettel auf Deck gefunden worden sei, der offensichtlich als Flaschenpost gedacht war und einen Aufruf an neutrale Nationen enthielt, der geeignet waere, das Ansehen Englands zu schaedigen. Der Zettel selbst wurde jedoch nicht gezeigt. Er sollte auf Toilettpapier, den einzigen vorhandenen Schreibpapier geschrieben sein. Sollte der Taeter sich nicht innerhalb einer gesetzten kurzen Frist melden, so wuerden Repressalien, wie Verkuerzung der Essenrationen, DeckDeckspaziergang, Entzug der Luftsegel etc. erfolgen. Die Frist wird dann verlaengert und ein Offizier erscheint, um nochmals die Dringlichkeit der Meldung zu betonen. Nach Ablauf der Frist teilen die Decksvaeter dem Verbindungsoffizier mit, dass sich niemand gemeldet habe und dass es nicht ihre Aufgabe sei, Polizeidienst zu verrichten, da sie durch das Vertrauen ihrer Kameraden gewaehlt seien. Damit schlaeft diese Angelegenheit ein.

„Exercise“ von Friedrich Schönbach: Deckübungen im Eilschritt vor aufgepflanzten Bajonetten. Mit freundlicher Genehmigung von Gabriela Schonbach.
Bei den Deckspaziergaengen muss jeder neuerdings barfuss erscheinen; als Grund wird Schonung der Decks angegeben. Eines Tages wird waehrend des Spazierganges von einem Sergeanten eine Flasche an Deck geworfen, durch deren Scherben die Internierten barfuss hindurch laufen muessen, wobei es natuerlich einige Verletzungen gibt. Auf den scharfen Protest der Deckvater hin erscheint der Sergeant bei einem derselben, um sich zu entschuldigen.
Am 10. Tag der Reise wird fuer je 18 Männer das erste Stueck Seife ausgegeben. Am 13. Tag gibt es zur Anregung der Magensaefte Lime-Juice, wie dies in den Tropen ueblich ist. Endlich am 14. Tag d. 24. Juli wird in Freetown, Sierra Leone Anker geworfen. Fuer die Internierten ergeben sich sofort Nachteile. Jeder Deckspaziergang faellt fort. Alle Duschen sind, da im Hafen wegen Infektionsgefahr kein Seewasser benutzt werden darf, ausser Betrieb. Da das Suesswasser wie oben erwaehnt, rationiert ist, ist ein gruendliches Waschen auch des Geschirrs unmoeglich. Alles stroemt nach den Waschraeumen und Toiletten, um durch die Luken zum ersten Mal wieder Land zu sehen. Neger in schmalen Booten umkreisen das Schiff. Es werden Lebensmittel und Suesswasser geladen. Ein Neger-Medical-Officer inspiziert das Hospital. Zum Glueck hat die Hitze etwas nachgelassen. Am gleichen Tage um 6 Uhr abends geht die Fahrt weiter. Suesswasser bleibt weiter rationiert.
Am 27.Juli um 11h45 morgens wird Accra (Tacuradi) an der Goldkueste erreicht und das Schiff macht am Kai fest. Diesmal werden auch alle Luken in den Waschraeumen fest verschlossen. Die einzige Moeglichkeit einen Blick von der Aussenwelt zu erhaschen, ist der Ausblick durch eine Luke auf der Latrine. Da grosser Andrang herrscht, wird sofort ein Ordnungsdienst eingefuehrt. Waehrend die eine Toilette zur normalen Benutzung frei ist, wird bei der anderen Schlange gestanden und jeder darf einen kurzen Blick durch die Luke werfen, nachdem er erst ueber das Klosett zur Luke hinaufgeklettert ist. Die Organisation klappt gut. Normalerweise wird die eine Toilette auch als Rauchsalon verwendet. Der Besitz von Zigaretten und das Rauchen selbst sind streng verboten, und der Ordnungsdienst passt gleichzeitig auf, dass keine ueberraschende Kontrolle erfolgt. Hier in der Naehe des Aequators wird es gluecklicherweise etwas kuehler und es regnet heftig. Leider werden aus diesem Grunde die grossen Ladeluken geschlossen, und die Windschlaeuche, die die Decks zusaetzlich belueftet haben, eingezogen. Fuer die Dauer des Aufenthalts im Hafen gibt es wieder Suesswasser. Am 29.7. 40. geht es wieder weiter und am selben Abend wird der Aequator passiert.
Da das Licht, das dauernd brennt, beim Schlafen sehr stoert, werden die Lampen verhangen. Dabei waere beinahe ein Brand entstanden. Auf dem einen Deck hat ein tuch, das ueber der Lampe hing, durch die Hitze angefangen zu schwelen. Ein Kamerad merkt es und reisst das Tuch herunter. Dieses kommt aber dabei in den Luftzug des Ventilators und brennt lichterloh. Es wird zwar sofort geloescht, aber die Rauchschwaden locken die WAche herbei, eine grosse Untersuchung wird angestellt, mit dem Erfolg, dass in Zukunft keine Lampen mehr verdunkelt werden duerfen.
Die Fahrt geht weiter in Richtung Capstadt, die See ist ruhig, das Wetter schoen, die Naechte sind kalt. Da die Waeschefrage brennend wird, wird nunmehr versucht, die in den Saecken zusammengepackte, aus den erbrochenen Koffern entnommene Waesche dem rechtmaessigen Besitzer zuzustellen. Hierzu werden auf jedem Deck besondere Vertrauensleute gewaehlt. Zunaechst wird die mit vollem Namen gezeichnete Waesche aussortiert und den Eigentuemern uebergeben. Alle Waeschestuecke werden vorher gewaschen. Alle gesammelte Sachen, wie Waesche, Schuhe, Kleidungsstuecke etc. werden auf den Decks ausgestellt und mit dem Namen dessen, der sein Eigentum zu erkennen glaubt, versehen. Ist das Stueck durch alle Decks gegangen, so erfolgt die Aushaendigung, wobei in Zweifelsfaellen das Los entscheidet. Schwierigkeiten treten dadurch auf, dass der Verkehr mit dem Hinterschiff offiziell verboten ist und nur dem Scheichwege ueber das Hospital ermoeglicht werden kann, Viele bekommen wenigstens teilweise ihr Eigentum zurueck, wennauch zum Teil in sehr schlechten Zustand. Diese Ausstellungen setzten sich waehrend der ganzen Reise fort.
Bisher war es nicht moeglich, Nachrichten an Angehoerige oder an Kommittees abzuschicken. Der Commander stellt jedoch in Aussicht, von Kapstadt aus ueber das dortige Komitee die Angehoerigen in England zu benachrichtigen. Zu diesem Zwecke werden auf dem zur Verfuegung stehenden Toilettepapier Listen angefertigt, die anscheinend auch weitergeleitet wurden.
Kapstadt – Einer geht von Bord
Am 8.8.40 erreichen wir Capetown. Am Vormittag ist noch Exercise, so dass wir die Einfahrt in den Hafen teilweise vom Deck aus mit ansehen koennen. Der obere Teil des beruehmten Tafelberges ist leider in wollen gehuellt. Durch die bereits erwaehnten Luken kann man Kapstadt am Abend im Lichterglanz bewundern und seit langem wieder eine Stadt ohne Blackout sehen. Am naechsten Nachmittag soll die Fahrt weitergehen. Kapstadt zeigt sich von der Latrine aus in strahlendem Sonnenschein und der Tafelberg streckt sein Haupt in den wolkenlosen Himmel. Das Schiff hat schon vom Kai losgemacht, als es ploetzlich wieder anlegt und die Laufbruecke wieder auslegt. Der Fuehrer der deutschen Seeleute im Hinterschiff, Kittel[10] Es handelt sich um Wolfgang Kittel, der später gegen einen britischen Diplomaten ausgetauscht wurde. Eine Biografie zu ihm befindet sich in Vorbereitung., der Vertreter der deutschen Lufthansa und deutscher Vicekonsul in Suedafrika gewesen sein soll, wird ploetzlich zum Kommandanten geholt. Nach kurzer Zeit kommt er zurueck, verteilt, dass er sofort das Schiff zu verlassen hat. Er wird unter Bewachung abgefuehrt, naehere Gruende sind nicht zu erfahren.
Die Fahrt durch die Tropen ist gluecklich ueberstanden, ohne dass ernstliche Massenerkrankungen aufgetreten sind. Allerdings gab es zeitweise sehr viele Fälle von Durchfall, zum Teil mit schwerem Fieber verbunden, im allgemeinen aber nur von kurzer Dauer, Medikamente jedoch waren nicht vorhanden. Bei all dem muss beruecksichtigt werden, dass neben den akut Erkrankten auch chronisch Kranke mit auf den Decks zusammengepfercht sind. So befindet sich auf einem Deck unter anderem ein Epilieptiker, der an manchen Tagen 4-5 epilieptische Anfaelle bekommt.
Inzwischen ist es gelungen, einige Handtuecher aufzutreiben. Gleich nach der Umschiffung der Suedspitze Afrikas wird die See lebhafter. Es gibt wieder einige Seekranke, die sich jedoch schnell erholen. Der starke Seegang bleibt waehrend der weiteren Fahrt bestehen. Das Schiff schlingert zeitweise so stark, dass Tassen und Teller von den Tischen fliegen. Beim Exercise kann man den wundervollen Flug der Albatrosse bewundern, die staendig das Schiff begleiten. Am 34. Tag der Reise, dem 13. August 1940, wird ein Rollcall auf dem Deck abgehalten. Da man wieder eine allgeneine Durchsuchung befuerchtet, werden alle noch verbliebenen Habseligkeiten an den unmoeglichsten Stellen versteckt. Uhren werden schon lange in den Unterhosen getragen, Ringe etc. in das Hosenfutter eingenaeht. Tatsaechlich passiert an diesem Tage nichts, es wird nur zum ersten Mal seit der Abfahrt festgestellt, wieviel Internierte wirklich an Bord sind. Dabei wird festgestellt, dass 2 Mann[11] Die beiden fehlenden Namen ebenso wie zahlreiche Schreibfehler in den Embarkation Lists scheinen das geringe Interesse der britischen Behörden am Umgang mit den abzuschiebenden Internierten zu dokumentieren. Einer der beiden nicht erfassten Männer war übrigens Heinz Dehn. mehr an Bord sind, als nach den Unterlagen vorgeschrieben.
Die primitivsten Toilettengegenstaende fehlen immer noch. Mehrere Leute muessen gemeinsan einen Kamm benutzen, Zahnbuersten sind nur in beschraenkter Anzahl auf Schleichwegen zu Wucherpreisen aus der Schiffskantine zu bekommen. Das Fehlen von Rasierapparaten zeigt sich in dem Verwilderten Aussehen der Internierten. Es sind zwar einige Rasierapparate noch vorhanden, jedoch ist angedroht worden, dass jeder frisch Rasierte in den Bunker gesteckt wird. Das Haarschneiden wird zunaechst an Deck von Kameraden vorgenommen, jedoch ist eine ordnungsgemaesse Meldung hierzu nicht moeglich. Wer gerade an der Tuer zum Deck steht, und nach Ansicht des aufsichtfuehrenden Sergeants zu lange Haare hat, wird auch gegen seinen Willen zum Friseur geschleift. In den ersten Tagen dieses Verfahrens nimmt der Sergeant selbst die Haarschneidemaschine und schneidet eine Bahn von hinten glatt bis hinauf zum Wirbel, so dass in jedem Falle die Haare sehr kurz geschnitten werden muessen. Proteste hiergegen sind zwecklos. Spaeter wird das Haarschneiden von Italienern auf dem Hinterdeck vorgenommen. Die Auswahl der „Kunden“ erfolgt beim Deckspaziergang durch Lt.O‘Neill und den „Loewenjaeger“. am 36.Tag der Reise kommt auf einmal der Befehl, dass sich jeder zu rasieren habe, und zu diesem Zwecke werden fuer alle sechs Decks zusammen insgesamt 8 Rasierapparate mit je einer Klinge ausgegeben. Da zunaechst keine Desinfizierung moeglich ist, treten sehr bald Hautausschlaege (Impetigo contapiosa) auf. Gegen diese ansteckende Krankheit sind keinerlei Medikamente vorhanden; die Betroffenen bleiben ueberdies auf ihren ueberfuellten Decks, ein sehr unangenehmer zustand. Zunaechst wird das Geschirr der Betroffenen besonders mit einem roten Kreuz bezeichnet, dann wird auch Lysol zum Desinfizieren der Rasierapparate geliefert. (Die Folgen dieser Ansteckungen machen sich noch sehr lange nach der Ankunft in Australien bemerkbar).
Rauer Seegang
Immer weiter geht die Fahrt bei bewegter See durch den Indischen Ozean nach Australien. In der Nacht von 41. zum 42. Tag gegen 3h20 morgens trifft ein schwerer Brecher das Schiff. Das Geschirr fliegt mit lautem Krach durcheinander und geht teilweise in Scherben, Kameraden, die auf den Tischen schlafen, werden hin und her geschleudert oder rollen auf den Boden, nur in den Haengematten liegt man einigernassen ruhig, besonders wenn man Augen schliesst. Einige Tage spaeter schlaegt ein Brecher die Holzverschalungen am Kuechenvorraum ein, und ein Wasserstrom ergiesst sich in das Schiff, so dass die auf der Erde Schlafenden schnell fluechten muessen, aber mit der Zeit gewoehnt man sich auch an den hohen Seegang. Schwierig wird es nur bei den Mahlzeiten, wenn man den Suppenteller in der Hand balancieren muss, und die Teetoepfe ueber den ganzen Tisch rutschen. Auch das Geschirrwaschen hat dabei seine Reize. Trotz alledem finden Kabarettabende statt, und englischer Sprachunterricht wird abgehalten.
Am 21. August, dem 42. Reisetag vormittags gegen 10 Uhr stoppt ploetzlich das Schiff. Es heisst, dass ein Mann ueber Bord gegangen ist. Soldaten und Inder stuerzen an die Reling, Leinen mit Rettungsringen werden ins Wasser geworfen, ein Inder springt ins Wasser und ein Rettungsboot wird klargemacht, aber nicht herabgelassen, Das Schiff manoevriert hin und her, aber keine Rettung ist moeglich. Nach fast 2 Stunden vergeblicher Suche setzt die „Dunera“ eine Schleife ziehend ihre Fahrt fort. Bald erfaehrt man, dass es sich um Jacob Weiss aus Wien, einen Kameraden vom Kitchener Camp handelt. Alle Decks gedenken seine3 am Nachmittag in kurzen Ansprachen. Eine Nachforschung ergibt, dass Weiss, dessen Mutter und Bruder bereits in Buenos Aires- Argentinien sind, kurz vor der Internierung ein Visum für Argentinien erhalten hat, durch die Internierung jedoch verhindert war, die Reise anzutreten, Das Visum in seinem Pass, der ihm, wie vielen anderen beim Betreten des Schiffes fortgenommen worden war, lief am Tage seines Selbstmordes ab. Einige Tage spaeter ereignet sich ein weiterer Todesfall. Im Hospital stirbt ein Patient an einem Herzleiden[12] Es handelt sich um Hans Pfeffen, der aufgrund Mangels an Antibiotika nicht ausreichend behandelt warden konnte. Vgl. u.a. Beitrag über den Schiffsarzt Leutnant A. Brooks. und wird ins Meer versenkt.
Australische Kontrollen
Am 26. August abends faehrt das Schiff in die australischen Hoheitsgewaesser. Am naechsten Morgen beim Deckspaziergang kommt die australische Kueste und Freemantle in Sicht. Um 10 Uhr vormittags werden australische Beamte mit einer Barkasse auf das Schiff gebracht. Es handelt sich um aerztliche und Zollkontrolle. Vor dem Mittagessen muessen alle deckweise antreten und nacheinander an einem Zivilbeamten, der oben an der Treppe steht, mit aufgekrempelten Aermeln vorbeigehen. Er sieht jedem in die Augen und besieht sich die Haende von beiden Seiten. Wie wir erfahren, sind die Zollbeamten, die das Gepaeck unten im Weinkeller besichtigt haben, sehr aufgebracht darueber dass die Koffer nicht plombiert, sondern aufgebrochen und nur notduerftig verschlosen sind. Sie wollen einen dementsprechenden Bericht machen. Es sind naemlich dauernd waehrend der Reise noch Koffer unten aufgebrochen worden, da die Soldaten haeufig hinuntergingen unter dem Vorwand, die im Anfang zerstoerten Koffer wieder zuzubinden. Offiziell wird immer angegeben, dass nur etwa 20% des Gepaecks geoeffnet worden sei, jedoch hat sich spaeter ergeben, dass ueber 80% erbrochen worden sind.
Am 28. August morgens geht die Fahrt in Richtung Melbourne weiter.. Die See ist ziemlich bewegt. Es geht das Geruecht, dass zum mindesten ein Teil der Internierten in Melbourne ausgeladen werden soll. Am 1. Sept., dem 53. Reisetag, werden unter militaerischer Aufsicht Internee-Registration Cards fuer Australien ausgefuellt, wobei auch Fingerabdruecke genommen werden. Gleichzeitig kommt die Mitteilung, dass in Melbourne 540 Mann ausgeladen werden sollen. In erster Linie kommen die Nazis und Italiener und Internierte des Hinterdecks, die nicht der juedischen Religion angehoeren, dafuer in Frage. Aber auch 40 Mann des Vorderschiffs sollen dabei sein. Die Auswahl erfolgt durch den Kommander, keiner weiss nach welchen Gesichtspunkten. Einsprueche einzelner gegen diese Entscheidungen sind zwecklos. Die Stimmung ist sehr erregt.
Einfahrt in Melbourne
Am 3. September in den fruehen Morgenstunden faehrt HMT „Dunera“ in die spiegelglatte Bucht von Melbourne ein. Gegen 10 Uhr liegt das Schiff am Kai, der von australischen Truppen abgesperrt ist, und auf dem der Zug zum Abtransport der Internierten wartet. Es kommen mehrere australische Offiziere an Bord, die sich nach unserem Wohlergehen erkundigen. Obwohl die dauernde Anwesenheit des Verbindungsoffiziers Lt. O’Neill eine freie Aussprache unmoeglich macht, kann man ihnen doch durch die Art der Antwort ein ungefaehres Bild unserer Reise geben. Die ueberfuellten Decks sprechen fuer sich selbst. Um 11h beginnt die Ausladung am Hinterschiff und bald sieht man die ersten sich’s in den Zugabteilen bequem machen. Sogar Zigaretten werden offen im Zug geraucht. Am fruehen Nachmittag ereignet sich ein aufregender Zwischenfall. – ein aufregender Zwischenfall. Einem der Internierten, der, da er geistig nicht normal war, in einem extra Raum neben dem Hospital untergebracht war, ist es gelungen, sich in die Kabine eines Sergeant-Major einzuschleichen, sich dort zu rasieren und eine Uniform anzuziehen. In diesem Aufzuge verlaesst er das Schiff[13] Es handelt sich um Waldemar Eckfeld aus Wien., wird jedoch auf dem Kai erkannt und unter Misshandlunggen auf das Schiff zurueckgebracht und in den Bunker gesteckt. Dort wird er von einigen Sergeants heftig verpruegelt, so dass sein Schreien auf den benachbarten Decks deutlich zu hoeren ist. Die Erregung der Internierten ist riesengross, aber nichts kann dagegen unternommen werden.
Bei dieser Gelegenheit einige Bemerkungen ueber den Bunker: Es sind drei Zellen vorhanden, die unten im Schiff liegen und noch einen besonderen Vorraum haben, der als Speiseraum dient. Gleich nach Antritt der Fahrt wird ein Junge, der abfaellige Bemerkungen gemacht haben soll, fuer 30 Tage dort eingesperrt. Auch andere Internierte wurden fuer kuerzere Zeit fuer angebliche Vergehen hinuntergebracht und dabei meistens noch geschlagen. Auch einige der in der Kueche Beschaeftigten wandern in den Bunker, nachdem groessere Schiebungen mit Lebensmitteln aufgedeckt wurden. Vorher schon wollten die Deckleader die unsicheren Elemente aus der Kueche herausbringen, dies wurde aber vom Militair verhindert, und erst als die Schiebungen zu grossen Umfang einnahmen , wurde eingeschritten.
Am Abend nach der Ausladung sind alle Soldaten stark betrunken, so dass man nur mit groesster Vorsicht zu den Toiletten gehen kann und allgemein die Parole ausgegeben wird, sich nicht von den Wohndecks zu entfernen. Gegen Mitternacht kommt nochmals die australische Militairkommission an Bord, um zu inspizieren. Jetzt bekommt sie ein richtiges Bild der wirklichen Zustaende. Sie gehen ueberall herum und besuchen auch die Gefangenen im Bunker.
Am Mittwoch, dem 4.9.1940, morgens 7 Uhr sticht das Schiff wieder in See. Gleich nach dem Exercise werden die Deckleader zum Lt. O’Neill gerufen, der ihnen mitteilt, dass zwei Telegramme an den Erzbischof von Melbourne von Bord geschmuggelt seien, und er verlangt, dass der Absender sich bis zum naechsten Morgen melde. Es meldet sich natuerlich niemand und es erfolgt auch weiter nichts. Die Fahrt geht weiter entlang der Kueste, die haeufig sichtbar wird. Am Nachmittag ereignet sich wieder ein Todesfall. Im Anschluss an eine Auseinandersetzung auf dem Hinterschiff erleidet ein Internee einen Herzschlag; seine Leiche wird anschliessend ins Meer versenkt.[14] Es handelt sich wahrscheinlich um Felix Friedemann, geboren 1901 in Hamburg. Der Sportlehrer starb am 4.9.1940, kurz vor der Ankunft in Sydney, auf See. Vgl.: Australisches Nationalarchiv NAA_ItemNumber9906019 via naa.gov.au und Karteikarten des Home Office via ancestry.de. Es liefen in den letzten Tagen widersprechenste Geruechte ueber die zukuenftige Unterbringung um, nunmehr wird offizioes bekannt gegeben, dass von Sydney aus noch eine 18 stuendige Bahnfahrt zum neuen Lager fuehrt.
Der letzte Reisetag
Der Morgen des letzten, 57. Reisetages, an dem die „Dunera“ entgueltig verlassen werden soll, beginnt mit dichtem Nebel. Gegen 10 Uhr bricht die Sonne durch,. Und durch die Luken kann man die Einfahrt in den wundervollen Hafen von Sydney mit seinen vielen Buchten beobachten. Um 10.30 kommt der Hafenlotse an Bord, und ein Schlepper zieht das Schiff unter einer wunderbaren Bruecke hindurch zum Kai des inneren Hafens, wo das Schiff festmacht. Die Seereise ist beendet!
Fruehzeitig wird das Mittagessen eingenommen, und dann beginnt die Ausschiffung zuerst am Hinterschiff. Gegen 1 Uhr faehrt der erste Zug ab, dann laeuft sofort der nächste ein. Inzwischen hat man uns auf den Decks die Deckel der Luken, die waehrend der ganzen Reise geschlossen sein mussten, mit Gewalt geoeffnet, denn nun kann ja nichts mehr passieren, und man will das Schauspiel der Ausschiffung besser beobachten. Gegen 5 Uhr nachmittags verlassen die letzten das Schiff, um dann den vierten Zug zu besteigen. Bei der Ausfahrt aus Sydney kann man noch einen kurzen Blick auf die Stadt werfen, dann geht es aufs flache Land. Die Fahrt ist angenehm, die sitze der Wagen sind gut gepolstert, und die begleitenden australischen Soldaten sind sehr entgegenkommend. Als sie von unseren Erlebnissen hoeren, verteilen sie bereitwilligst ihren Tabak, Schokolade, Obst, belegte Brote u.s.w.. Nach 8 langen Wochen fuehlt man sich wieder einmal als Mensch. Die Fahrt geht immer weiter durch die kalte Nacht. Am naechsten Morgen werden im Zuge Fruehstueckspakete mit belegten Broten und Obst, sowie Kaffee ausgegeben, die zuerst abgefahrenen Zuege hatten das Essen schon am Abend vorher bekommen, da sie morgens schon an Ort uns Stelle waren. Am 7. September 1940 um 11.30 Uhr trifft der letzte Zug in Hay ein. Die Unterbringung erfolgt in zwei Camps, die mit dreifachem Stacheldrahtzaun gesichert sind; jedes umfasst 36 Huetten fuer je 28 Mann. Am 10 September 1940 besucht Lt. O’Neill das Camp. Bei seinem Eintreffen wird er ausgepfiffen und mit Rufen: „Where is our luggage?“ etc. empfangen. Er verschwindet sofort wieder- die Australier amuesieren sich.

Die Schienen liegen noch … Hier an der Jones Wharf im Hafen von Sydney, endete die Reise der Interniertem am 6. September 1940. Eine Gedenktafel erinnert an die Ankunft der Dunera Boys. Foto: Peter Dehn.
Das gesamte Gepaeck wurde vom australischen Militair in Sydney vom Schiff geholt und wird nach genauer Kontrolle und Feststellung des Zustandes nach und nach ausgegeben. Der Anblick der so ankommenden zerstoerten Koffer, deren Inhalt zum groessten Teil fehlt, ist trostlos.
[Hier endet das Tagebuch]
Hinweis: Wir veröffentlichen das deutsche Original dieses Berichtes mit freundlicher Genehmigung des Jewish Museum of Australia, Melbourne. Für das Vertrauen und die Genehmigung, die 2020 entstandene Graphic Novel von Georgs Urenkel Joshua zu veröffentlichen, danken wir Georgs Enkeln Paul, Simon und Thea. Die Erstveröffentlichung einer englischen Übersetzung (im Bestand der Mitchell Library der State Library of New South Wales, MLMSS 11756) und der Graphic Novel erfolgte auf der australischen Webplattform Stories from the Dunera and Queen Mary. Kate Garret und Seumas Spark veröffentlichen dort Kunstwerke von Internierten der Dunera und der Queen Mary und biografische Informationen und halten so die Erinnerung an die Menschen und Ereignisse wach. Wir laden unsere Leser ein, auch diese wichtige Webseite anzuschauen.
Fußnoten
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- [1]↑Seumas Spark, Intro zur australischen Veröffentlichung des Tagebuchs auf der Plattform Stories from the Dunera and Queen Mary, abgerufen am 28.7.2024.
- [2]↑Vgl. Wikipedia über das Mooragh Internment Camp (engl.), abgerufen am 25.7.2024.
- [3]↑Vgl. u.a. Unterlagen zum Lager Onchan, Imperial War Museum, abgerufen am 5.8.2024 (Schreibfehler im englischen Originaltext: hier wird die Ortsbezeichnung "Onchen" verwendet).
- [4]↑Geschlossen heißt hier nicht nur, dass das Öffnen der Bullaugen unmöglich war, sondern dass sie wegen verschlossener Abdeckungen kein Tageslicht in die Decks ließen.
- [5]↑Mutmaßlich ist der Zerstörer gemeint, der einen Transport britischer Zivilisten begleitete. Laut verschiedenen Aussagen drehte dieser Konvoi kurz nach dem Torpedoangriff Richtung Kanada ab.
- [6]↑Gemeint ist offenbar der 1939 gegründete Czech Refugee Trust Fund (CRTF), der Verfolgte nach Großbritannien holte.
- [7]↑Das Tagebuch hat hier einen Schreibfehler im Schiffsnamen; korrekt: „Arandora Star“.
- [8]↑Die „Dunera“ trat ihre Reise als letztes der fünf Deportations-Schiffe an. Von den vier vorherigen Transporten nach Kanada wurde die Arandora Star (2. Transport) versenkt. Alle fünf Transporte waren erheblich überbelegt.
- [9]↑Auxiliary Military Pioneer Corps der britischen Armee.
- [10]↑Es handelt sich um Wolfgang Kittel, der später gegen einen britischen Diplomaten ausgetauscht wurde. Eine Biografie zu ihm befindet sich in Vorbereitung.
- [11]↑Die beiden fehlenden Namen ebenso wie zahlreiche Schreibfehler in den Embarkation Lists scheinen das geringe Interesse der britischen Behörden am Umgang mit den abzuschiebenden Internierten zu dokumentieren. Einer der beiden nicht erfassten Männer war übrigens Heinz Dehn.
- [12]↑Es handelt sich um Hans Pfeffen, der aufgrund Mangels an Antibiotika nicht ausreichend behandelt warden konnte. Vgl. u.a. Beitrag über den Schiffsarzt Leutnant A. Brooks.
- [13]↑Es handelt sich um Waldemar Eckfeld aus Wien.
- [14]↑Es handelt sich wahrscheinlich um Felix Friedemann, geboren 1901 in Hamburg. Der Sportlehrer starb am 4.9.1940, kurz vor der Ankunft in Sydney, auf See. Vgl.: Australisches Nationalarchiv NAA_ItemNumber9906019 via naa.gov.au und Karteikarten des Home Office via ancestry.de.