Dunera

Die Reise der Dunera
Teil 1

Der fünfte Internierten-Transport von England nach Übersee führte mehr als 2.000 internierte Juden und Nazigegner sowie 200 italienische und 250 deutsche Überlebende der Arandora Star nicht wie angekündigt nach Kanada. Sie wurden mit der HMT Dunera nach Australien deportiert. Die schreckliche Geschichte dieser ungerechtfertigten Massenabschiebung wollen wir in mehreren Beiträgen aus erster Hand nachzeichnen. Daher werden auf diesen Seiten u.a. die ausführlichen Berichte der Internierten dokumentiert – möglicherweise erstmals in deutscher Sprache und im kompletten Wortlaut und um Auszüge aus Zeitungsartikeln, Augenzeugen- und Gerichtsberichten, Parlamentsdebatten und anderen offiziellen Dokumenten ergänzt. Eine ausführliche Auseinandersetzung gilt der Legende, ein deutsches U-Boot hätte die Deutschen auf der Dunera vor Angriffen der deutschen Marine geschützt. Dokumentiert werden außerdem Äußerungen des Kommandanten der Wachmannschaften und ein Beitrag über den Militärarzt an Bord.

Peter Dehn im Februar 2024.

57 Tage blanker Horror – auf der HMT Dunera nach Australien

Aus Angst vor einer deutschen Invasion, die von rechtsgerichteten Medien kampagnenhaft geschürt wurde, hatte Großbritanniens Prime Minister Winston Churchill die schnelle Deportation möglichst vieler der bis zu 70.000 Deutschen und Österreicher und Deutschstämmigen im Lande, später auch der Italiener und der Kriegsgefangenen aus beiden Staaten, angeordnet. Mehr als 10.000 Internierte und Kriegsgefangene wurden innerhalb von nur 16 Tagen mit fünf Transporten nach Übersee deportiert. Von ihnen sollen – entgegen offizieller Aussagen – nur bis zu 2.500 gefährliche Nazis oder deren Sympathisanten gewesen sein. Selbst diese im Gesamtzusammenhang gering anmutende Zahl ist jedoch – allein aufgrund nachgewiesener falscher Einstufungen – in Zweifel zu ziehen.

57 Tage lang – vom 10. Juli bis 6. September 1940 – wurden die 2.500 Gefangenen auf der vollkommen (und unzulässig) überfüllten Dunera in Räumen fast durchweg ohne Tageslicht gehalten. Die sanitären und hygienischen Verhältnisse waren schrecklich, die Mahlzeiten unzureichend. Die Männer wurden systematisch beraubt, persönliche Dokumente wurden vernichtet. Es gab antisemitische Übergriffe. Alles geschah unter Beobachtung, Deckung und Mittäterschaft von Offizieren der Wachmannschaften. Eine TorpedoAttacke war zu überstehen. Erst als die Ankunft in Australien „drohte“, wurde erstmals Unterwäsche aus beliebig geöffneten Koffern sowie Rasierzeug ausgegeben, das sich mehrere Männer teilen mussten.

Im zivilen Dienst war die Dunera, die 1937 für eine britische Reederei vom Stapel lief, ein luxuriöser Kreuzfahrtdampfer. Auf 157 Meter Länge wurden 104 Passagiere in Kabinen der ersten Klasse untergebracht. Die zweite Klasse hatte 100 und die dritte Klasse 164 Kojen. Sie wurden von 290 Crewleuten verwöhnt. Das 11.161 BRT-Schiff erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 16 Knoten (ca. 30 km/h). Die Zulassung als Truppentransporter lautete 1939 auf 1.157 Militärs. Das Foto entstand 1940. Quelle: Australian War Museum Nr. 303219, Public Domain.

Eine umfangreiche Untersuchung beschäftigt sich mit der Behauptung, ein deutsches U-Boot hätte die Dunera nach einer Torpedierung begleitet oder sonstwie geschützt. Der Beitrag geht auch dem erstaunlichen Ursprung dieser Legende nach.

Kurz nachdem sich die 2.000 jüdischen und antifaschistischen Internierten in zwei Lagern nahe dem Ort Hay im australischen Bundesstaat News South Wales – 700 Straßenkilometer westlich von Sydney – eingelebt hatten, fassten sie ihre Reiseerlebnisse in getrennten Berichten zusammen. Ein britisches Kriegsgericht trat erst 1941 zusammen, interessierte sich aber nicht für die Aussagen der Opfer. Es gab zwei „strenge Rügen“ und eine Entlassung aus dem Militärdienst, die als Freikarte für das Überleben des Weltkrieges interpretiert werden könnte.

Eingestellt wurden die Massenabschiebungen, nachdem die Ereignisse um die Arandora Star und die Dunera überraschend schnell bekannt wurden. Churchills Deportations-Politik wurde in der britischen Öffentlichkeit und im Parlament massiv kritisiert. Die Dunera hatte Australien noch nicht erreicht, da sah sich die britische Regierung gezwungen, ihre rigide Deportations-Politik zu beenden und führte die Öffentlichkeit mit u.a. falschen Behauptungen in die Irre. Beispielsweise wurde offiziell mitgeteilt, an Bord der versenkten Arandora Star seien gar keine Flüchtlinge gewesen.

Bis die in Australien internierten Männer nach Großbritannien oder ein Land ihrer Wahl gebracht oder freigelassen wurden dauerte es etwa zwei Jahre. Wer eine Aufenthaltserlaubnis für Australien bekommen oder dort die Staatsbürgerschaft erwerben wollte, konnte dieses Recht durch den Dienst in einer Arbeitseinheit des australischen Militärs erwerben.

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